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Zurück in den Alltag mit starkem Willen und Rehabilitation

Während eines Gleitschirmfluges erlitt Sascha Buchli einen Hirnschlag. Der sportliche Bündner konnte noch sicher landen. Von den folgenden Tagen weiss er nichts mehr. Heute ist er auf dem anstrengenden Weg zurück in den Alltag, Schritt für Schritt.

Nach über drei Wochen in künstlichem Koma erwacht Sascha Buchli auf der Intensivstation des Universitätsspitals Zürich. Am Krankenbett seine Frau. War er nicht eben mit seinen Kollegen beim Gleitschirm fliegen in Dänemark? Doch, war er.

Ein Kribbeln in der linken Gesichtshälfte

Wie jedes Jahr geht Sascha Buchli mit zwei Kollegen für ein paar Tage nach Hvide Sande in Dänemark. Die drei kennen sich aus, sind versierte Gleitschirmpiloten und freuen sich auf die gemeinsamen Tage. Sascha Buchli ist mit seinem Schirm in der Luft, als er plötzlich in der linken Gesichtshälfte ein Kribbeln verspürt. Geistesgegenwärtig geht er im Kopf den FAST-Test durch. Er nimmt sogleich an, dass es sich um einen Schlaganfall handelt, kann zum Glück noch sicher am Strand landen. Seine Kollegen, einer davon Bergführer, reagieren gut. Mit der Ambulanz wird Sascha Buchli in das nächste Regionalspital gebracht. Vom Regionalspital wird er ins Aarhus Universitetshospital in die stroke unit (Schlaganfallzentrum) verlegt. Auf dem Weg dorthin wird er sediert. Von der Verlegung bekommt er nichts mehr mit.

Die Schädeldecke im Bauch mitgeführt

Die Ärzte stellen auf der rechten Seite eine massive Hirnblutung fest und versetzen den 46-Jährigen in ein künstliches Koma. In der Schweiz steigt zu dieser Zeit seine Frau in den nächsten Flieger nach Aarhus. Es folgen zwei Operationen. Die Schädelkalotte (Schädeldecke) wird entfernt und, anstatt wie sonst üblich in einer Kühlbox gelagert, in seinem Bauch deponiert. Der Knochen bleibt dadurch am Leben und geht bei einem Verlegungstransport nicht verloren.

Mit der REGA nach Zürich

Zehn Tage nach seinem vorerst letzten Gleitschirmflug wird Sascha Buchli – noch immer in künstlichem Koma – mit der REGA ins Universitätsspital nach Zürich geflogen, mit an Bord seine Frau. Auch seine beiden Kollegen haben ihren Aufenthalt in Dänemark verlängert, denn ohne ihren Freund wollten sie nicht nach Hause reisen.

Langsam lassen die Ärzte Sascha Buchli aus dem Koma erwachen, seine linke Körperseite ist vollständig gelähmt, er kann nicht sitzen, das Schlucken ist stark eingeschränkt. Bereits im Uni Spital in Zürich erhält er erste Physio- und Ergotherapie.

In Valens der «Mann mit Helm»

Am 13. Juli 2017 dann der Eintritt in die Frühreha-Abteilung des Rehazentrum Valens. Sascha Buchli ist im Rollstuhl, ein Helm schützt seinen Kopf, seine Schädelkalotte ist noch immer im Bauch mit dabei. «Ich war früher ein Kopfmensch, wenn mich nun jemand etwas fragte, sagte ich: Einen Moment mal, ich muss überlegen und meinen Kopf fragen, dabei streichelte ich über meinen Bauch», erzählt Sascha Buchli schmunzelnd. In der Reha lernt er wieder besser zu sprechen und schlucken, beginnt mit weicher Kost zu essen, übt mit starkem Willen Schritt für Schritt zu Gehen. Für viele Mitpatienten und Therapeuten war Sascha Buchli in der Reha der «Mann mit Helm».

Noch während der Reha-Zeit wird im Uni Spital der Knochen aus dem Bauch wieder zurück operiert und Sascha Buchli kann künftig auf den Helm verzichten.

Das Ziel vor Augen

Nach 60 Tagen Reha kehrt Sascha Buchli nach Hause zurück. Sein Wille ist ungebrochen, seine Ziele hochgesteckt. Bergsport ist seine Leidenschaft. Er vergleicht den Bergsport auch gerne mit seinem jetzigen Weg. «Nicht der Gipfel ist das nächste Ziel, ich habe nur immer den nächsten Schritt vor Augen und so komme ich meinem Ziel näher und im Bergsport sicher auf den Gipfel.» Und so freut er sich über jeden noch so kleinen Schritt. «Der Weg zum Pizzo Ritorno ist die strengste Bergtour, die ich kenne, und ich bin erst auf der Alp».

Den Rollstuhl stehen lassen, die ersten Schritte zu Fuss und das Treppen steigen bezeichnet Sascha Buchli denn auch als das schönste Erlebnis der Reha-Zeit.

Seit dem Austritt aus der Reha geht Sascha Buchli regelmässig zur Therapie in die Ambulante Reha der Kliniken Valens nach Chur – drei Mal pro Woche. Er schätzt dieses wohnortsnahe Angebot sehr.

Im Winter eine Skitour zu unternehmen war ein weiteres Ziel des sportlichen Mannes. Die Therapeuten empfehlen ihm, höchstens eine Runde mit den Skiern über den tief verschneiten Fussballplatz zu laufen. Der ehrgeizige Buchli sieht das anders. Mit seinem Kollegen, dem Bergführer, fährt er nach St. Antönien und steht sieben Monate nach der Hirnblutung auf seinen Tourenskiern. Sein linker Arm ist noch gelähmt, daher geht er einstöckig los und ist glücklich über das tolle Erlebnis. Auch zum Tandem-Mountain-biken haben ihn seine Kollegen schon mitgenommen.

Sein kreatives Hobby

Auf ein weiteres Wunder hofft Sascha Buchli noch – die Beweglichkeit seiner linken Hand. Er kann die Finger nicht strecken und hat keine Kraft – und beides braucht er für sein grosses Hobby – das Motorsägen-Schnitzen.

«Während der Reha in Valens habe ich einige schöne Bäume rund um die Klinik ins Auge gefasst, dessen Holz sich gut eignen würde für mein Hobby» sagt Sascha Buchli heiter. «Doch die Valenser waren froh, dass ich nicht gleich damit angefangen habe. Hin und wieder höre ich schon auf die erfahrenen Therapeuten.»

Leuchtende Augen und ein Strahlen auf dem Gesicht zeigen sich Therapeutin Veronika, als sie während der Ergotherapie Sascha Buchli mitteilt: «Bring doch zur nächsten Therapiestunde deine Motorsäge mal mit, dann schauen wir, was wir machen können.»

Der beste Arbeitgeber

Sascha Buchli lobt seinen Arbeitgeber. Sein direkter Vorgesetzter hat ihn bereits im Uni Spital in Zürich besucht. Seine Stelle werde für mindestens ein Jahr für ihn freibehalten, die Arbeit übernehmen verschiedene Stellvertreter. Die Wiedereingliederung wird unterstützt von der IV. Gestartet mit einem 20-Prozent-Pensum, arbeitet Sascha Buchli heute 50 Prozent. Sein Pensum will er weiter schrittweise erhöhen. Eine Diktiersoftware hilft ihm beim Schreiben, einhändig geht es nicht so schnell vorwärts auf der Tastatur. Und wer den ehrgeizigen Mann kennt, weiss, dass sein Ziel ein 100-Prozent-Pensum ist – so wie vor dem Schlaganfall.

Mit Wille, Training und Humor zum Ziel

Sascha Buchli freut sich an kleinen Fortschritten. «Dank der guten und individuellen Rehabilitation, der Unterstützung von Ärzten, der vielen wertvollen Expertentipps der Therapeutinnen und Therapeuten, der motivierten Betreuung der Pflegenden und dank meines privaten Umfeldes habe ich in kurzer Zeit viele Ziele bereits erreicht.»

Die Zeit – sagt Buchli – hat inzwischen an Relevanz verloren. Die Kurve mit den Fortschritten flacht ab. Ziele hat er weiterhin und er ist überzeugt, dass der Wille, um diese zu erreichen, nur von ihm selbst kommen kann. Und die nötige Portion Humor dazu hat Sascha Buchli stets in seinem Gepäck.

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#know-how #patientenerfolgsgeschichte